Giuseppe
Sinopoli
geb. 1946 in Venedig.
Studium (Komposition,
Theorie) in Venedig, 1967/68
Teilnahme an den Darmstädter
Ferienskursen für Neue
Musik. 1972 am "Centre des
recherches Musicales de la
Wallonie" in Lüttich bei
Henri Pousseur. Im selben
Jahr Promotion zum Doktor
der Medizin an der
Universität Padua und
Professor für
zeitgenössische Musik an der
Musikakademie in Venedig.
1973 Wohnsitz in Wien.
Meisterkurse für
Kompositions-technik und
Werkanalyse in Siena. 1975
Fründung des Ensembles
"Bruno Maderna", 1976 Dozent
bei den Darmstädter
Ferienkursen. Werke:
"Numquid et unum" für
Cembalo und flöte, 1970;
"Opus Daletz" für Orchester,
1971;
"Opus Ghimel" für
Kammer-orchester, 1971;
"Opus Schir" für
Kammerorchester, 1972;
"Sunyata" für
Streichquintett und Sopran,
1972;
"Per Clavicembalo", 1972;
"Doutes" für präpariertes
Klavier, Flöte, Bratsche,
drei Verstärkerkanäle und
Tonband, 1960;
"25 studi su tre parametri",
1969;
"Musica per calcolatori
analogici", 1969;
"Isoritmi", 1972;
"Sonata per Pianoforte",
1974
"Souvenirs a la Memoire",
1974;
"Klavierkonyert", 1975;
"Pour un livre a Venise",
1975;
"Requiem", 1976;
"Quartetto"
(Streichquartett), 1977.
Giuseppe
Sinopoli über "Tombeau
d'Armor"
In "Tombeau"
zeichnet sich eine
konzessionslose Entscheidung
ab: die Ablehnung einer
progressistischen Konzeption
von Kunst. Wenn das
experimentelle Konsumdenken,
das zwar bürgerlich
ausgerichtet, aber mit
modisch revolutionären
Etiketten versehen und zum
Zweck der besseren
Absetzbarkeit eines Produkts
mit dem ausgemergelten
System des "letzten
Schreies" verbündet ist -
wenn dieses Konsumdenken die
gleiche Beziehung zum
Publikum voraussetzt, wie
Fernseh-Publizität sue
besitzt, so überdeckt die
Progressivität die
Ausarbeitungsverfahren des
sogenannten
"Klangmaterials", enthüllt
sich die Frustration eines
wissenschaftlichen
Wunschdenkens, das mit
triumphierendem
Dilettantismus
vorangetrieben wir.
Warum
weiterhin nach Förmelchen
des Schul-ABC etwas
zusammenbauen, das man
phänomenologisch nicht
einmal zu überprüfen vermag?
... Schon haben wir den
Bruch zwischen Schreibweise
und Klangphänomen! Und mit
dieser Vagantentheorie
beschwichtigt jeder sein
Gewissen, der Musik macht,
ohne Musiker zu sein.
"Tombeau d'Armor II" ist ein
Auftragswerk für das
Musikprotokoll, wurde
zwischen Januar and Juli
1977 geschrieben und ist
Gerhard und Monika Rühm
gewidmet. Diese Komposition
für großes Orchester bildet
den zweiten Teil, das heißt
die Fortsetzung von "Tombeau
d'Armor I" (1975), mit dem
sie den Verzicht auf eine
rein experimentelle
Konzeption und die
Hinwendung zu einer
Psychoästhetik des
individuums gemein hat. Das
mag genügen als Hinweis für
den Hörer, der intuitiv
erfassen wird, was in der
Komposition lebendig ist.
Wenn für ihn jedoch nichts
Lebendiges darin zu finden
ist, so möge er mir
verzeihen, denn so wörtlich
wollte ich den Titel nicht
verstanden wissen.