MUSIK IN ALTEN STÄDTEN UND RESIDENZEN


1 LP - C 91 103 - (p) 1961
1 LP - 1 C 037-45 571 - (p) 1961
1 CD - CDZ 25 2240 2 - (c) 1990
1 CD - 9 28338 2 - (p) & (c) 2013

MANNHEIM - Am Hofe des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz




Johann Stamitz (1717-1757) Orchester-Trio C-dur op. 1 Nr. 1 - "Denkmäler der Tonkunst in Bayern" 3,1; herausgegeben von Hugo Riemann

A1

- Allegro 4' 14"

- Andante ma non Adagio 3' 04"

- Menuet 3' 14"

- Prestissimo 2' 57"




Franz Xaver Richter (1709-1789) Quartett op. 5 Nr. IV Es-dur für 2 Violinen, Viola und Violoncello - "Denkmäler der Tonkunst in Bayern" 315; herausgegeben von Hugo Riemann
A2

- Larghetto 7' 31"

- Allegro spirituoso
4' 51"

- Tempo di Minuetto 2' 53"




Carlo Giuseppe Toëschi (1724-1788) Konzert für Violine und Orchester D-dur - Nach Manuskript herausgegeben von Robert Münster

B1

- Allegro moderato 8' 16"

- Allegro moderato 3' 18"




Anton Filtz (1730-1760) Sinfonia a 8 "Sinfonie périodique" Nr. 2 - "Denkmäler der Tonkunst in Bayern" 315; herausgegeben von Hugo Riemann
B2

- Allegro 4' 46"

- Andante 3' 38"

- Menuett 2' 49"

- Presto 3' 08"



 
Drolc-Quartett (Richter) Kammerorchester des Saarlandischen Rundfunks

- Eduard Drolc, Violine I
Karl Ristenpart, Leitung (Stamitz, Toëschi, Filtz)

- Heinz Böttger, Violine II

- Siegbert Ueberschaer, Viola

- Heinrich Majowski, Violoncello

 






Luogo e data di registrazione
Städtischer Saalbau, Saarlouis (Germania) - gennaio & febbraio 1961

Registrazione: live / studio
studio

Producer / Engineer
Fritz Ganss / Christfried Bickenbach / Horst Lindner

Prima Edizione LP
Columbia - C 91 103 - (1 LP) - durata 55' 19" - (p) 1961 - Analogico

Altre edizioni LP

EMI Reflexe - 1 C 037-45 571 - (1 LP) - durata 55' 19" - (p) 1961 - Analogico

Edizioni CD
EMI Electrola - CDZ 25 2240 2 - (1 CD) - durata 55' 19" - (c) 1990 - ADD
EMI Music - 9 28338 2 - (1 CD) - durata 55' 19" - (p) & (c) 2013 - ADD


Cover
Stich von J. F. Probst nach einer Zeichnung von J. B. Werner (Detail)












Das Mannheimer Orchester
Die Entwicklung der Orchestertechnik im 18. Jahrhundert vor der Wiener Klassik ist eng mit Johann Stamitz und der Mannheimer Schule verbunden. Das vorklassische Orchester Mannheims kennt im Grunde kaum Instrumente, die nicht schon nach 1700 im Orchester verwendet worden waren. Aber im Besetzungsverhältnis hat sich das im Spätbarock übliche starke Übergewicht der Bläser zugunsten der Streicher verschoben, welche nun die Grundlage des Klangkörpers sind. Zu ihnen treten - fast stets paarweise - in der Regel zwei Oboen oder Flöten, bzw. die von Stamitz geschätzten Klarinetten. Im Gegensatz zur früheren Verdopplungspraxis, bei der die Holzbläser häufig den Part der Streicher mitzuspielen hatten, erhalten sie nun ihren selbständigen Part. Dazu gesellt sich ein Hörnerpaar, dessen Aufgabe im wesentlichen die Verstärkung der Klangfülle ist. Die Hörner bestimmen das neue Klangbild entscheidend und bilden mit ihren langgehaltenen Tönen gleichsam das Pedal des Orchesters. Ihre Aufnahme ins Orchester ist zuerst in Paris und Böhmen nachweisbar (wie in vielen Orchestern waren auch in der Mannheimer Hofkapelle die Hornisten böhmische Emigranten). Während im Holzbläsereinsatz anfangs vielfach die Wahl zwischen Flöten, Oboen oder Klarinetten freigestellt war, ist vor allem seit den sechziger Jahren mehr und mehr eine Berücksichtigung der speziellen Natur und Eigenart jedes Blasinstrumentes feststellbar. Mit der fortschreitenden Differenzierung treten schließlich die Bläser stärker in den Vordergrund. Neben einem zweiten hohen Holzbläserpaar finden nun auch Fagotte und Trompeten mit Pauken Verwendung. Die achtstimmige Besetzung (2 Ob. [Fl., Klar.], 2 Hr., Str.) bleibt jedoch bis zum Ende der Mannheimer Musikblüte (1778) die Regel.
Das klangliche Moment des neuen Orchesterstiles ist von primärer Bedeutung. Nach den kunstvollen Werken des Spätbarocks (Bach) findet Rousseaus Ruf „Zurück zur Naturl“ in der Musik eine Parallele. Den in großer Zahl entstehenden Sinfonien, Konzerten und Kammermusikwerken liegen meist einfachste harmonische Verhältnisse zugrunde, und nicht zuletzt daraus resultiert die natürliche Frische ihrer Wirkung. An die Stelle der komplizierten Kontrapunktik des barocken Stimmengewebes tritt eine schlichte, homophone und kantable Schreibart. Alle Stimmen werden einer melodieführenden Oberstimme untergeordnet. Die mangelnde Ausgestaltung der Mittelstimmen macht in den frühen Mannheimer Werken noch die Mitwirkung des Generalbaßinstrumentes notwendig. Erst mit deren Verselbständigung und mit der Erweiterung der Bläserbesetzung wird das Begleit-cembalo überflüssig.
Johann Stamitz formte aus den durch Kurfürst Karl Theodor von weither verpflichteten Virtuosen und den verbliebenen Musikern des alten Hoforchesters einen Klangkörper, dessen Spieldisziplin kaum seinesgleichen hatte. Als hervorragender Geiger unterzog er vor allem die Streicher einer gründlichen Schulung. Der einheitliche Bogenstrich, der präzise und ausdrucksvolle Vortrag wurden zu einer Selbstverständlichkeit. Stamitz' Nachfolger, der in Mannheim geborene Geiger und Komponist Christian Cannabich, war ebenfalls ein vorzüglicher Orchestererzieher. Der englische Musikschriftsteller Charles Burney urteilte im Sommer 1772: „Ich fand wirklich alles daran, was mich der allgemeine Ruf hatte erwarten lassen. Natürlicher Weise hat ein stark besetztes Orchester große Kraft. Die bey jeder Gelegenheit richtige Anwendung dieser Kraft aber muß die Folge einer guten Disciplin seyn. Es sind wirklich mehr Solospieler und gute Komponisten in diesem, als vielleicht in irgend einem Orchester in Europa. Es ist eine Armee von Generälen, gleich geschickt einen Plan zu einer Schlacht zu entwerfen, als darin zu fechten.“
Mannheim wurde zur Wiege der klassischen Orchestertechnik. „Hier ist der Geburtsort des Crescendo und Diminuendo, und hier war es, wo man bemerkte, daß das Piano sowohl als das Forte musikalische Farben sind, die so gut ihre Schattierungen haben, als Roth und Blau in der Mahlerey.“ Wenn auch die Crescendomanier schon etwas früher in Italien bekannt gewesen zu sein scheint, so führte doch Stamitz sie endgültig ein, und sie wurde bald zu einem Charakteristikum der Mannheimer Sinfonien. In der Musik des Spätbarocks war die Übergangsdynamik noch nicht verwendet worden, dort herrschte die Terrassendynamik mit ihrer strengen Scheidung der verschiedenen Tonstärkegrade. Das Orescendo war also eine unerhörte Neuerung, und das Anschwellen der Klangfülle vom Pianissimo zum Fortissimo muß auf die damaligen Hörer eine heute kaum vorstellbare Faszination ausgeübt haben.
Die Direktion des Manheimer Orchesters erfolgte nicht, wie damals weitgehend üblich, vom  Cembalo aus; hier war bei Instrumentalkonzerten der Orchesterleiter gleichzeitig erster Konzertmeister und dirigierte mit seiner Geige aus der ersten Violinstimme. Von Cannabich wird berichtet: „Er hat eine ganz neue Bogenlenkung erfunden und besitzt die Gabe, mit dem bloßen Nicken des Kopfes und Zucken des Ellenbogens das größte Orchester in Ordnung zu halten“ (Schubart). Auch Joseph Haydn pflegte in Esterhàz so zu dirigieren. Partituren wurden für Aufführungen von Instrumentalwerken damals nicht verwendet.
Die Besetzung des Mannheimer Orchesters war verhältnismäßig groß. 1756, im Geburtsjahr Mozarts, standen 20 Geiger, 4 Bratschisten, 4 Violoncellisten, 2 Kontrabassisten, 2 Flötisten, 2 Oboisten, 2 Fagottisten und 4 Hornisten zur Verfügung. Außerdem standen noch 12 Hoftrompeter und 2 Pauker bereit. Das Hoforchester des Kurfürsten Karl Theodor gehörte damit neben den Orchestern in Paris, Mailand und Neapel zu den größten Europas. Sein Ruhm reichte über die Auflösung hinweg bis in das 19. Jahrhundert hinein.
Robert Münster

Das Paradies der Tonkünstler im 18. Jahrhundert
JOHANN WENZEL ANTON STAMlTZ wurde am 19. Juni 1717 als Sohn eines Kantors in dem böhmischen Städtchen Deutschbrod geboren. Über seine Jugend- und Lehrjahre fehlt jede Nachricht. Am 29. Juni 1742 treffen wir ihn in Frankfurt am Main, wo er als „berühmter Virtuose“ auf verschiedenen Instrumenten ein Konzert veranstaltete. Sehr wahrscheinlich war Stamitz schon im. Jahrzuvor in Mannheimer Dienste getreten, wo ihm der Kurfürst Karl Theodor bald nach seinem Regierungsantritt die Leitung der gesamten Hofmusik übertrug, die im Winter in Mannheim und im Sommer im Parkschloß zu Schwetzingen erklang. 1750 erhielt er den Titel eines Instrumentaldirektors und 1754/55 wurde ihm für einen Aufenthalt in Paris ein einjähriger Urlaub gewährt. Am 27. März 1757 starb Stamitz in Mannheim.
War Stamitz als Komponist hauptsächlich mit Instrumentalwerken hervorgetreten, so hatte FRANZ XAVER RICHTER, der Senior unter den Komponisten der Mannheimer Schule, neben Ignaz Holzbauer auch noch die Musik für die Kirche zu schreiben. Erwurde am 1. Dezember 1709 in Holleschau in Mähren geboren, studierte wahrscheinlich in Wien bei dem Kontrapunktmeister Johann Josef Fux und trat nach kürzerem Aufenthalt in Italien 1740 als Vicekapellmeister in den Dienst des Fürstabtes Anselm von Reichlin-Meldegg zu Kempten. Nach dessen Tod ging Richter 1747 an den Hof zu Mannheim, wo er bis 1768 als Baßsängcr, Geiger. Musiklehrer und Kammerkomponist wirkte. Von 1769 bis zu seinem Tod am 12. September 1789 leitete er als Kapellmeister die Musik am Straßburger Münster.
CARLO GIUSEPPE TOESCHI, einer der wenigen Musiker italienischer Herkuntt im pfalzischen Hoforchester, entstammte einer angesehenen italienischen Adelsfamilie. Sein Vater war schon vor dem Regierungsantritt Karl Theodors in Mannheim als Konzertmeister angestellt. Toësohis Geburtsort und Geburtstag sind nicht überliefert; er soll 1724 in Italien geboren sein, doch manches spricht dafür, daß er erst 1732, möglicherweise in Ludwigsburg, zur Welt kam. 1752 trat er als Geiger in das Mannheimer Hoforchester ein und stieg bis zum stellvertretenden Orchesterleiter auf. Seit 1774 war er als Kabinetts-musikdirektor zugleich auch für die Kammermusik beim Kurfürsten verantwortlich. Toëschi starb am 12. April 1788 in München.
Über die Herkunft von ANTON FILTZ besteht bis heute noch keine Gewißheit. Wahrscheinlich war er wie Stamitz aus Böhmen gekommen, als er am 15. Mai 1754 als Violoncellist in das kurfürstliche Orchester aufgenommen wurde. Filtz heiratete in Mannheim und konnte sich 1759 ein eigenes Wohnhaus kaufen. Aber schon im Mai des folgenden Jahres verstarb er im Alter von erst 30 Jahren.
R. M.

Johann Stamitz Orchester-Trio C-dur op.1 Nr.1
Johann Stamitz gilt als der Begründer der sogenannten Mannheimer Schule. (Diese Bezeichnung wird heute hauptsachlich für die von ihm maßgeblich beeinflußte Mannheimer Komponistengruppe angewendet, kennzeichnete aber ursprünglich die Mannheimer Violinschule, aus der eine Reihe angesehener Geiger hervorgegangen sind.) Was Stamitz als Komponist an neuen Errungenschaften gebracht hat, zeigt sich in konzentrierter Form in seinen 6 Orchester-Trios für 2 Violinen, Violoncello und Basso continuo, die um 1755 in Paris als Six Sonates à trois parties concertantes im Druck erschienen sind und dann mehrere Neuauflagen und Nachdrucke erlebten. Hier finden wir die Abkehr vom gebundenen Stil und das neue Naturgefühl in der harmonisch-homophonen
Schreibart, ferner die der barocken Musik fremde motivische und dynamische Kontrastierung auf engstem Raum, die strenge Periodenbildung in der Thematik, die Ausbildung des kantablen zweiten Themas und die Einbeziehung des Menuetts an dritter Stelle in die viersätzige Großform. Stamitz stellte für seine Trios nach Belieben die solistische oder die orchestrale Interpretation frei. Die Orchesterwiedergabe der zwischen Triosonate und Sinfonie stehenden Kompositionen ist zweifellos die effektvollere. Die Orchester-Trios von 1755, nach Hugo Riemanns Vermutung möglicherweise angeregt durch die 1746 erschienenen Triosonaten von Christoph Willibald Gluck, übten ihrerseits starken Einfluß auf das zeitgenössische Schaffen aus. Christian Cannabich schrieb unter ihrem Eindruck seine 6 Orchestertrios op. 3.
Gleich der erste Satz (Allegro) des ersten Trios (op. 1 Nr. 1), eingeleitet durch ein energisches Unisono, zeigt in der motivischen Durcharbeitung eine Sorgfalt, die bei den späteren Mannheimern nicht mehr zu finden ist. Das zweitaktige Kopfmotiv kehrt im Verlauf des Satzes mehrfach im Baß wieder und erscheint- ebenso wie das anmutige, einschmeichelnde Seitenthema - auch im durchführungsartigen Mittelteil. Auffallend in diesem wie auch im zweiten Satz sind die überraschenden dynamischen Kontraste innerhalb kurzer Melodieabschnitte, die als „Stamitz'sche Umschlagtechnik“ zu den Charakteristika der Mannheimer Schule gehören. - Die feine Abtönung des Ausdrucks im Andante ma non Adagio und dessen Noblesse hat schon Riemann hervorgehoben. Der Satz hat in seiner orginellen Rhythmik und Faktur das Vorbild für langsame Sinfoniesatze von C. G. Toëschi (Sinfonie D-dur, um 1770), Niccolo Jommelli (Sinfonia zu „Ifigenia", 1770) und Mozart (Sinfonie KV 112, 1771) abgegeben. - Der dritte Satz ist ein Menuett in der für Stamitz so bezeichnenden herzhaft-bodenständigen Art. Das liio in c-moll steht mit seiner mehr gesanglichen Melodietührung dazu in wirkungsvollem Gegensatz. - Das abschließende mitreißende Prestissimo ist der am meisten orchestermäßig gestaltete Satz des Werkes. Hier erscheint das in der Mannheimer Sinfonie so beliebte rauschende Streichertremolo, dessen sich auch Anton Filtz gerne bediente. Ungewöhnlich ist der Mollabschnitt im Seitenthema, der auf italienische Vorbilder verweist. Durch verschiedene imitatorische Einsätze sucht Stamitz den Streichersatz zu beleben und aufzulockern. Der Mittelteil trägt wieder deutlich durchführungsartige Züge und weist damit schon auf die Wiener Klassik voraus, in der die Kunst der thematischen Verarbeitung einen Höhepunkt erreichen sollte.

Franz Xaver Richter Quartett oD.5 Nr. lV Es-dur
Franz Xaver Richters Streichquartette op. 5 erschienen im Januar 1774 in Paris. Eine Londoner Ausgabe ist wahrscheinlich schon früher - zwischen 1767 und 1771 - veröffentlicht worden. Richter schreibt hier echten Kammermusikstil, in dem keine der vier Stimmen benachteiligt wird. Eine chorische Interpretation wäre nicht denkbar. Jedes Instrument tritt solistisch hervor, das Violoncello macht dabei keine Ausnahme; seine Solopassagen zeigen, daß an eine Mitwirkung des Cembalos nicht mehr gedacht ist. Richter verstand es, in der Vereinigung barocker Stilelemente mit den von Johann Stamitz übernommenen formalen, motivischen und dynamischen Neuerungen zu einer durchaus persönlich gefärbten Musiksprache zu gelangen. In der soliden Schreibart äußert sich die für seine Werke charakteristische Satzkunst. Das Streichquartett op. 5 Nr. IV kann als ein gutes Beispiel für Richters reifen Mannheimer Stil gelten. In seiner vom üblichen Schema abweichenden Satzfolge ist noch eine formale Reminiszenz an die barocke Kirchensonate festzustellen.
Das einleitende Larghetto zeigt reiche Abwechslung in der Behandlung der vier Instrumente und Farbigkeit in der melodischen und harmonischen Gestaltung. Die über weite Strecken beibehaltene Triolenbewegung setzt bereits zwei Takte vor dem Anfangsthema ein. Beim zweiten Thema tritt das Violoncello solistisch hervor. Richter berniiht sich durch ständigen Wechsel in der Melodietührung um eine abwechslungsreiche Gestaltung des Satzes. - Das Hauptthema des folgenden Allegro spirituoso besitzt die Richters späten Instrumentalwerken eigene weiche, gesangvolle Melodik. - Wie häufig, so schließt der Komponist auch dieses Werk nach Mailänder Vorbild mit einem Tempo di Minuetto ab. Im Vergleich zu Stamitz und Filtz fällt die Kantabilität der Stimmführung auf. Das ausdrucksvolle Trio in der Paralleltonart c-moll wird durch ein chromatisches Seufzermotiv beherrscht und erhält dadurch eigenes Gepräge.

C. G. Toeschi Konzert für Violine und Orchester D-dur
Carlo Giuseppe Toëschi, der bei Johann Stamitz Geigenspiel und Komposition studiert hatte, war, einer zeitgenössischen Nachricht zufolge, „bis in sein 22tes Jahr ein sehr geschickter Concert-Geiger und spielte sonderlich die Adagio und das Cantabile sehr gut“.
Seine Violinkonzerte scheinen ihrer technischen Schwierigkeiten wegen von den Geigern gefürchtet gewesen zu sein. Galten schon die Konzerte von Johann Stamitz als ein „nec plus ultra der Schwierigkeiten“, so bemerkte J. A. Hiller, daß nicht jeder Musikus die Geschicklichkeit besitze, „seine delikaten Aufsätze gut zu spielen“. Von den mindestens elf Violinkonzerten, die Toëschi in Mannheim geschrieben hat, konnte bisher nur eines gefunden werden. In diesem Werk, das wohl um 1760 entstanden ist, wird die Solovioline durch zwei Hörner und Streichorchester begleitet. Auffallend ist die durch das Fehlen eines langsamen Mittelsatzes bedingte Zweisätzigkeit, die jedoch in Mannheimer Konzerten und Kammermusikwerken nicht allzu selten ist. Auch in französischen Werken der Zeit ist diese Form üblich.
Infolge der engen kulturellen Beziehungen zwischen Mannheim und Paris nimmt es nicht wunder, daß auch in musikalischer Hinsicht deutliche Wechselbeziehungen bestanden. So deutet auch das rnarschartige' Hauptthema des ersten Satzes auf französischen Einschlag. Der Satz bietet dem Solisten dankbare Aufgaben; seine Solokadenz ist in originaler Form überliefert, ein seltener Fall unter den Mannheimer Konzerten. - Der zweite Satz, mit der gleichen Tempobezeichnung versehen, besitzt schon durch den 3/8-Takt leichteren und beschwingteren Charakter. Wie im ersten Satz sind die Solopassagen großenteils nur von den Violinen begleitet. Die Hörner, deren Behandlung das übliche Maß der spieltechnischen Anforderung auffallend übersteigt, treten vor allem im Tutti in Erscheinung. Im ganzen zeigt Toëschis Konzert wenige typisch Mannheimerische Stilmerkmale. Deutlich ist noch das Vorbild Vivaldis spürbar, das vor allem in den Werken des Vaters, Alessandro Toëschis, klar durchschien.

Anton Filtz Sinfonie périodique Nr. 2
Dem früh verstorbenen Anton Filtz war es nicht vergönnt, die enorme Beliebtheit seiner Sinfonien seit dem Anfang der sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts noch zu erleben. Die meisten seiner Werke erlangten erst nach seinem Tode weitere Verbreitung. Auch die Sinfonie A-dur für 2 Flöten, 2 Hörner und Streicher erschien erst zwei Monate nach seinem Tode bei einem Pariser verleger. In welchem Ansehen Filtz noch um 1785 stand, zeigen die überschwenglichen Worte, die ihm der schwäbische Dichter und Musiker Christian Friedrich Daniel Schubart widmete: „Ich halte ihn für den besten Sinfonienschreiber, der jemals gelebt, Pracht, Volltönigkeit, mächtiges, allerschütterndes Rauschen und Toben der Harmonietluth; Neuheit in den Einfällen und Wendungen; sein unnachahmliches Pomposo, seine überraschenden Andantes, seine einschmeichelnden Menuette und Trios, und endlich seine geflügelten laut aufjauchzenden Prestos - haben ihm bis diese Stunde die allgemeine Bewunderung nicht rauben können.“
Das erste Allegro seiner A-dur-Sinfonie beginnt sofort mit einem echt Mannheimerischen Crescendo, das nach einem plötzlich eintretenden Piano wiederholt wird. Die hierbei auftretende „Bebungsfigur“ ist in den Mannheimer Sinfonien, ebenso wie das Motiv des Doppelschlages, bis ca. 1770 recht häufig zu finden. Im weiteren Verlauf des Satzes fällt der auf Stamitz zurückgehende mehrfache abrupte Wechsel von Forte und Piano auf. Das Kontrastthema ist den Flöten übertragen, die auch den Mittelteil mit der.Crescendo-periode einleiten. -Im schlichten Andante, dessen Melodik wieder durch dynamische Kontraste belebt wird, schweigen die Hörner. - Das Menuett atmet Frische und Ursprünglichkeit. Außergewöhnlich ist, daß in diesem Satz nur eine Flöte verwendet wird, die im Trio die Melodie führt. Der zweite Teil des Trios enthält ein Beispiel der für Filtz bezeichnenden unregelmäßigen Periodenbildungen (6 + 5 Takte), die auf seine böhmische Herkunft deuten. - Im abschließenden Presto wird die Thematik großenteils aus Dreiklangstufen gebildet. Wie im ersten Satz, so spielt auch hier in den Forte-Abschnitten der Doppelschlag eine wesentliche Rolle. Die leichtgewichtigen Trommelbässe unterstreichen die Lebendigkeit des Satzes, dessen in Vergleich zu Johann Stamitz und Richter geringe satztechnische Durchbildung durch feuriges, echt böhmisches Musikantentum aufgewogen wird.
Robert Münster



„Kein Orchester in der Welt hat es je dem Mannheimer zuvorgetan. Sein Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Katarakt, sein Diminuendo ein in die Ferne hinplätschernder Krystallfluß, sein Piano ein Frühlingshauch. Die blasenden Instrumente sind alle so angebracht, wie sie angebracht sein sollen: sie heben und tragen oder füllen und beseelen den Sturm der Geigen.“ (Christian Friedrich Daniel Schubart)

„Bey unserer Ankunft in Mannheim waren schon viele Familien zu dem Hoflager des Churfürsten nach München abgegangen. Mannheim war anfangs noch sehr lebhaft; und da die Fremden noch in der vieljährigen Gewohnheit waren, diese glänzende Residenz zu besuchen, die benachbarten Fürsten theils noch Wohnungen dort hatten, oder doch oft hinkamen, so gab es Tage, besonders bey Anwesenheit des Churfürsten, wo die Stadt ein sehr fröhliches und sogar noch ein prächtiges Ansehen hatte. Allein da nach und nach immer mehrere Familien nach München ziehen mußten, so verlor sich alles dieses merklich. Gegen Anfang des Jahres 1781 war es auffallend leer geworden. Eine sichtbare Freudenlosigkeit war über die Stadt verbreitet; viele Gewerbe des Luxus standen still, mehrere gingen ein. Es verbreitete sich ein Geist des Kleinmuths, der Kleinlichkeit, welcher gegen alle Lebensfreude strebte. “ (August Wilhelm Iffland)

„... die churfürstliche Hofmusik ist immer mit trefflichen Köpfen besetzt gewesen. Der vorige Churfürst war so enthusiasmiert für die Musik, daß er sich jeden Morgen durch einen sogenannten musikalischen Morgensegen wecken ließ; ein Abendgesang, mit unaussprechlicher Rührung angestimmt, wiegte ihn in Schlummer. Nicht leicht hat ein Großer die Musik so in sein Leben verwebt, wie dieser. Musik weckt ihn, Musik begleitet ihn zur Tafel, Musik erscholl auf seinen Jagden; Musik beflügelte seine Andacht in der Kirche; Musik wiegte ihn in balsamischen Schlummer, und - Musik hat diesen wahrhaft guten Fürsten gewiß im Himmel bewillkommt.“ (Christian Friedrich Daniel Schubart in "In ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst“)

„Nun Muß ich von der hiesigen Musick reden. Ich war sammstag am allerheiligen Tag in der Kapelle in Hochammt. Das orchestre ist sehr gut und starck. auf jeder Seite 10 bis 11 violin, 4 bratschn, 2 oboe, 2 flauti und 2 Clarinettí, 2 Corni, 4 violoncelle, 4 fagotti und 4 Contrabaßi und trompetten und Paucken. es läßt sich eine schöne Musick machen..." (Wolfgang Amadeus Mozart - 4. November 1777)

„Karl Theodors Hof war damals wohl der glänzendste in Deutschland. Feste folgten auf Feste, und der dabei entwickelte gute Geschmack verlieh ihnen immer neue Reize. Jagden, die Oper, das französische Schauspiel, Musikaufführungen durch die besten Virtuosen Europas, alles dies machte die kurfürstliche Residenz zum angenehmsten Aufenthalt für jeden Fremden von Ruf und Ansehen, der hier auf die herzlichste und schmeichelhafteste Aufnahme rechnen konnte.“ (Cosmas Collini)

„Ich fühle nun auch dabey den großen Verlust, welchen ich durch meine Entfernung von Mannheim, an Vergnügen des Geistes erlitten habe. Denken Sie sich, meine Liebe! was für schöne Künste - für Naturgeschichte - schöne Gegenden - und Wissenschaften, welche in Mannheim vereint sich zeigen, die Gegend dieser Stadt hat alles, was man von einer mit zwey Flüssen durchströmten Fläche wünschen kann - das nahe Heidelberg, jeden Reiz schöner fruchtbarer Gebirge - da zeigt das Residenzschloß alte Fürstenpracht, auf Felsen gegründet, und Bauart alter großer Zeit - in Mannheim den Stolz und Reichtum der neuen in der Ebene, am Ufer des prächtigen Flusses unsers Vaterlands - in den Vestungswerken, Meisterstücke der Vertheidigungskunst - in den Ruinen von Heidelberg sieht man das Bild der ungerechten Wuth des Krieges - in Mannheim allen Reichthum und Schönheit der Künste des Friedens, zwischen beyden Städten und zu Schwezingen jeden Beweis, was Gartenkunst und fleißiger Feldbau vermag - in der Residenz - der Capelle - dem Opernhaus - der Bibliothek, dem Naturalienkabínett, und der Gemäldesammlung, alles was Baukunst und Verzierungsgeist - was die Gelehrsamkeit so vieler Jahrhunderte - was die göttliche Schöpfung der Erde an Wunderwerken gab, und was die nachahmende Malerkunst hervorbringen konnte, wie der Antiquensaal, die hohe Vollkommenheit der Meisterstücke alter Zeiten in sich faßt - und die Sternwarte zu der Kenntniß der größten Geschöpfe leitet - die Musik - der Ab- und Zufluß von Fremden, gewähren, durch die vortrefflichen Tonkünstler das feinste Vergnügen, und dem Hot die Kenntniß der Begebenheiten in Reichen und Staaten, die Academie der Wissenschaften, die viele Gelehrte und blühende Buchhandlungen, geben immer einen Überblick des Gebiets der schönen Wissenschaften - das Theater, der Charakter, und das Betragen der Einwohner von allen Klassen - die verfeinerte Sitten - schöne Wahl, in Verzierung der Häuser und Kleidung, vergnügen und bereichern den Geschmack - Setzen Sie die Nähe von Strasburg hinzu, woher alles artige Neue der Phantasie jeder Mode zufließt - so werden Sie finden, daß ich viel verlohr.“ (Sophie von La Roche, 1790)

„Auf dem Observatorium hat man die Aussicht bis nach Straßburg und bis hinunter nach Coblenz zu. Die Kette der Berge begrenzt reizend den Horizont. Leichen und vermoderter Aasgestank aus den Kanälen um die Stadt. Sie sind tiefer als der Neckar und der Rhein; seit 80 Jahren gehen die Abtritte und Kloaken hinein ohne Abfluß. Im August oder sonstiger heißer Zeit sind Soldaten, die daran auf dem Posten standen, ohnmächtig davon worden, und man hat sie müssen ins Spital bringen. Wenn man sie reinigen will, müssen sie mit vielen Kosten ausgepumpt werden.
Karl Theodor hat während seiner Regierung 31 Millionen Gulden auf die bildenden Künste und Architektur verwendet. Die Gallerie bedeutet wenig; es ist nicht ein einziges großes Hauptstück da. Hübsche kleine Kabinetssachen. Die Bibliothek hat eine gute Form. Sie ist ganz unter der jetzigen Regierung angelegt. Erste Mainzer Biebel. Und die von 1462 auf Pergament. Menge Wirthshäuser in den Gärten urn die Stadt. Das Volk ist zur Lust geschaffen.“ (Wilhelm Heinse, 1789)

„Hier schwimmt man in den Wollüsten der Musikl“ (Friedrich Gottlieb Klopstock)
(EMI Electrola 1 C 037-45 571)