HARMONIA MUNDI
1 LP - HMS 30 825 - (p) 1966
1 CD - 05472 77415 2 - (c) 1995

HORNKONZERT & FLÖTENKONZERT







Franz Joseph HAYDN (1732-1809) Concerto D-dur "per il Corno di caccia" für Horn, zwei Oboen und Streichorchester (1762), Hob. VII d 3

16' 18" A

- Allegro 5' 45"


- Adagio 6' 43"


- Allegro 3' 50"

Joseph HAYDN / Leopold HOFMANN Concerto D-dur für Flöte und Streichorchester, Hob. VII f
20' 57" B

- Allegro moderato 8' 22"


- Adagio 7' 00"


- Allegro molto 5' 35"






 
Erich Penzel, Horn
Hans-Martin Linde, Traversflöte
Collegium aureum
- Klaus Ebach, Frithjof Fest, Barockoboe
- Franz-Josef Maier, Wolfgang Neininger, Werner Neuhaus, Ruth Nielen, Jan Reichow, Brigitte Seeger, Günter Vollmer, Doris Wolff.Malm, Violine
- Franz Beyerm Günther Lemmen, Viola
- Rudolf Mandalka, Angelica May, Violoncello
- Johannes Koch, Viola da gamba
- Paul Breuer, Kontrabaß
- Franz Lehrndorfer, Gustav Leonhardt, Cembalo

 






Luogo e data di registrazione
Cedernsaal, Schloß Kirchheim, Schwaben (Germany) - 1966


Registrazione: live / studio
studio

Recording Supervision
Dr. Alfred Krings


Engineer
-


Prima Edizione LP
Harmonia Mundi | HMS 30 825 | 1 LP - durata 37' 15" | (p) 1966


Edizione CD
Deutsche Harmonia Mundi | LC 0761 | 05472 77415 2 | 1 CD - durata 62' 15" | (c) 1995 | ADD | Only Hob. VII f


Cover Art

Wenzel Hollar, Frau am Spinett (1635)


Note
-














Mitten in eine Zeit, da Europa im Zeichen eines tiefgreifenden Wandels auf dem Gebiet von Philosophie, Politik und Kunst stand, fallen Leben und Wirken von Joseph Haydn (1732-1809). In seinem umfangreichen Schaffen haben die vielseitigen geistigen Strömungen ihren bleibenden Niederschlag gefunden. Seine Werke spiegeln die Entwichlung vom Spätbarock bis zur Wiener Klassik, als deren Vollender Haydn neben W. A. Mozart und L. van Beethoven gilt, wider. Nach einer kurzen Anstellung als Musikdirektor des Grafen Morzin auf Schloß Lukaveç unweit Pilsen, gelabgt Haydn 1761 als Vizekapellmeister zu dem seit 1759 in Eisenstadt (im heutigen Burgenland/Österreich) residierenden Fürsten Paul Anton Esterházy (1711-1762) und wird unter dessen Nachfolger, Fürst Nikolaus I. (1714-1790) im Jahre 1766 zum Kapellmeister ernannt. Sein Leben teilt sich nunmehr zwischen Wien, Eisenstadt und Esterház (heute Fertöd/Ungarn). Mit Regierungsantritt von Fürst Nikolaus I. wird die bisherige Kapelle wesentlich erweitert, so daß sich für Haydn die Möglichkeit bietet, auch größere Orchester- und Theatermusik aufzuführen. Verglichen mit heutigen Verhältnissen erscheint dieses Orchester mit seinen andangs insgesamt vierzehn Musikern, die alle namentlich bekannt sind, jedoch recht bescheiden, zumal sieben Bläser der gleichen Anzahl von Streichern gegenüberstehen. Die damaligen Räumlichkeiten sind allerdings auch intimer, so daß der Schwerpunkt nicht auf dem Klangvolumen, sondern vielmehr auf Klarheit und sauberem Musizieren liegt. Dabei wird auf Klangkonstraste nicht verzeitet, doch setzt der gegebene Rahmen die entsprechenden Grenzen. Mit Rücksicht auf Aufträge und Anlässe sind die Kompositionen in ihren Ausmaßen klein und tragen mehr kammermusikalischen Charakter, ohne aber an Ausdruck und Melodik einzubüßen.
Das trifft auch das Honkonzert Haydns zu, das enzige das erhalten geblieben ist. Es gilt als ein charakteristisches Beispiel früher Sololiteratur für Horn und ist vermutlich für den Waldhornisten Thaddäus Steinmüller geschrieben, der von 1762 bis 1772 der Esterházyschen Kapelle angehörte. Die mit 1762 datierte autographe Partitur (Gesellschaft der Musikfreunde, Wien) zeigt die Überschrift Concerto per il Corno di Caccia und auf der letzten Seite den Schlußvermerk Fine Laus Deo, was als Zeichen echter Frömmigkeit verstanden werden muß, war sich der Komponist doch zeitlebens bewußt geblieben, "daß alle Talente von oben kommen", wie sein Biograph G. A. Griesinger berichtet. Von diesem erfahren wir auch etwas über die Schaffensweise Haydns, der von sich sagte: "Ich war nie ein Geschwindschreiber, und komponirte immer mit Bedächtlichkeit und Fleiß. Solche Arbeiten sind aber auch für die Dauer, und einem Kenner verräth sich das sogleich aus der Partitur" ... "das rührt daher, weil ich nicht eher schreibe, als bis ich meiner Sache gewiß bin." Haydns Autographe hinterlassen im allgemeinen einen sehr sauberen Eindrück, und auch die Partitur des Hornkonzerts zeigt eine reinliche Niederschrift. Gelegentliche Flüchtigkeit, zumal eine Verwechslung zweier Systeme gegen Schluß des Werkes, mag wohl auf eine Ermüdung zurückzuführen sein, schreibt Haydn doch selbst am oberen Rand einer Seite "In Schlaff geschrieben" - zugleich ein Beweis für die Richtigkeit seiner Griesinger gegenüber gemachten Angaben; die Komposition mußte tatsächlich bereits im kopfe fertig sein, sonst hätte Haydn sie nicht in ermüdetem Zustand so gut wie fehlerfrei aufzeichnen können.
Gas Konzert zeigt die für diese Gattung übliche Satzfolge Allegro-Adagio-Allegro. Von ihnen ist insbesonders der Mittelsatz eine Perle an Schönheit. In seinem Schlichten, ergreifenden Ausdruck steht er so manchem berühmten Spätwerk Haydns nicht nach. Man beachte die breite, allmählich in die Höhe geführte Kantilene des Hauptthemas, das zuerst vom Orchester gebracht und dann vom Solisten wiederholt wird, ebenso im weiteren Verlauf die glückliche Vermischung tiefer Horntöne mit tiefliegenden und daher dunkelklingenden Streichern, wodurch Haydn nicht nur einen besonderen Instrumentationseffekt erzielt, sondern auch einen winderbaren Ausdruck von Ernst und Würde. Die beiden Eclsötze zeichnen sich durch unbeschwerte Musizierfreudigkeit aus und bringen die klanglichen Vorzüge des Horns bestens zur Geltung. Der Aufbau aller Sätze wird von der Sonatenform bestimmt, doch ohne daß der Themendualismus maßgebend in den Vordergrund treten würde. Immerhin gibt Haydn dem Tutti des ersten Satzes ein eigenes Nebenthema, das von jenem des Solisten verschieden ist. Fanfarenartige Melodik charakterisiert das Hauptthema, das in Exposition, Durchführung und Reprise sowohl vom Tutti als auch vom Solo gebracht wird. Echter Divertimentogeist atmet der letzte Satz, in dem vor allem die Durchführung bei aller Schlichtheit eine meisterliche Satzgestaltung verrät. Haydn zeigt sich in diesem Werk mit der Technik des Naturhorns bestens vertraut. Mit Recht schreibt der Haydn-Biograph K. Geiringer: "Die zahlreichen Lücken, welche zwischen den einzelnen Naturtönen des Hornes klaffen, werden nirgends fühlbar. Die Melodik ist den Fähigkeiten des Instrumentes abgelauscht, und auch die Ausdrucksskala durchläuft von Kraftvoller Energie bis zu weich gelöster Sehnsucht alle Register". So nimmt das Hornkonzert auch in dieser Hinsicht eine bemerkenswerte Stellung im schaffen Haydns ein.
Um 1765 hat er nachweisbar ein Konzert per il Flauto geschrieben, dessen Autograph - im Gegensatz zum vorigen Werk - verschollen ist. Dies mag vielleicht der Grund dafür gewesen sein, weshalb das hier wiedergegebene Flötenkonzert, dessen hoher musikalischer Wert unbestritten ist, lange Zeit ihm fälschlich zugeschrieben und unter seinem Namen veröffentlicht wurde, bis die Haydn-Forschung zur Erkenntnis gelangte, daß trotz mancher stilistischer Beziehungen zu Haydn dessen Autorschaft nicht aufrechtzuhalten ist. Zudem fand der Haydn-Forscher H. C. R. Landon zwei zeitgenössische Abschriften dieses Werkes in Regensburg und Marburg, die eindeutig den Namen von Leopold Hofmann (1738 bis 1793) tragen. Das schmälert den Wert des Werkes keineswegs, hatten doch viele kleinere Meister um und neben Haydn bedeutende und auch heute noch lebensfähige Musik geschrieben - erinnert sei nur an K. Ditters v. Dittersdorf. L. Hofmann wirkte als Stephansdom-Organist und angesehener Kirchenkomponist in Wien. Über sein weltliches Schaffen ist bisher nur wenig bekannt. Daß er sich auch der Flötenkomposition widmete, kann nicht wundernehmen, hat doch das reizvolle und variable Klangphänomen der Flöte dazu beigetragen, daß diese bis zur Mozart-Zeit von unzähligen Liebhabern und Virtuosen gespielt worden ist. So erklärt sich auch die überreiche Fülle an Sololiteratur für Querflöte (flauto traverso), der J. J. Quantz (1697-1773), Flötenlehrer Friedrichs d. Gr., sein berühmtes Lehrbuch Versuch einer Anweisung, die Flöte ztaversiere zu spielen (Berlin 1752) widmete. Das dreisätzige Konzert Hofmanns ist eine kammermusikalische Kostarkeit des Rokoko. Die verschnörkelte Melodik des ersten und zweiten Satzes weist eine aufallende stilistische Beziehung zum Berliner Kreis um Quantz und C. Ph. E. Bach auf. Bindungen zu Haydn, der dem Rokoko als einer im Grunde höfischen Gesellschaftskunst weentlich ferner als z. B. W. A. Mozart stand, zeigt nur der letzte Satz, dessen schlichte ursprüngliche Melodik mehr im Bereich der volkstümlichen Musik wurzel. Dem Flötenpart sind in allen drei Sätzen dankbare Themen, instrumentengerechte Sprünge, Akkordfiguren und Läufe anvertarut. So wird das Werk auch heute noch jeden Liebhaber älterer Musik entzücken.
Zu beiden Konzerten stammen die geschmackvollen Kadenzen von den ausführenden Solisten. Originale Kadenzen sind überliefert.
Renate Federhofer-Königs