HARMONIA MUNDI
1 LP - HMS 30 819 - (p) 1966
1 CD - GD 77150 - (c) 1990

AUS DEM NOTENBÜCHLEIN FÜR ANNA MAGDALENA BACH (1725)








Johann Sebastian BACH (1685-1750) Polonaise g-moll, BWV 119 Anhang
Cembalo
0' 52" A1

Marche Es-dur, BWV 127 Anhang Cembalo
1' 36" A2

Menuet G-dur, BWV 114 Anhang (Christian Petzold)
Cembalo |
2' 37"
A3

Menuet g-moll, BWV 115 Anhang (Christian Petzold) Cembalo |
A4

"Willst du dein Herz mir schenken", BWV 518 (Aria di Giovannini)
EA, Cembalo
2' 25" A5

Rondeau B-dur "Les Bergeries", BWV 183 Anhang (François Couperin)
Cembalo
4' 36" A6

"Bist du bei mir", BWV 508 (Gottfried Heinrich Stölzel)
Sopran, Consort
2' 19" A7

Aria für Clavier, BWV 988, I Cembalo
2' 12" A8

"So oft ich meine Tobaks-Pfeife", BWV 515a Bariton, Consort
3' 46" A9

Marche G-dur, BWV 124 Anhang (C.P.E. Bach)
Cembalo
1' 26" A10

Allemande d-moll, BWV 812, I
Cembalo
4' 05" B1

"Dir, dir, Jehova, will ich singen", BWV 299 Sopran, Consort
2' 27" B2

Praeludium C-dur, BWV 846, I
Cembalo
1' 53" B3

Menuet G-dur, BWV 116 Anhang
Cembalo
1' 22" B4

Marche D-dur, BWV 122 Anhang (C.P.E. Bach)
Cembalo
0' 54" B5

Musette D-dur, BWV 126 Anhang Cembalo
0' 46" B6

Rezitativ und aria "Ich habe genug", BWV 82, II & III
Sopran, Consort
8' 13" B7

"Wer nur den lieben Gott läßt walten", BWV 691 Cembalo
1' 39" B8

"O Ewigkeit du Donnerwort", BWV 513 (4 stimmig) Chor
1' 19" B9






 
Elly Ameling, Sopran
Hans-Martin Linde, Bariton
Tölzer Knabenchor
Gustav Leonhardt, Cembalo
Johannes Koch, Viola da gamba
Angelica May, Violoncello
Rudolf Ewerhart, Positiv

 






Luogo e data di registrazione
Cedernsaal, Schloß Kirchheim, Schwaben (Germany) - 1966


Registrazione: live / studio
studio

Recording Supervision
Dr. Alfred Krings


Engineer
Dr. K. Hahn


Prima Edizione LP
Harmonia Mundi | HMS 30 819 | 1 LP - durata 45' 00" | (p) 1966


Edizione CD
Deutsche Harmonia Mundi | LC 0761 | GD 77150 | 1 CD - durata 45' 00" | (c) 1990 | ADD


Cover Art

Wenzel Hollar, Frau am Spinett (1635)


Note
-














Auf Johann Sebastian Bachs glückvolle und fruchtbare Schaffenszeit in Köthen fielen im Juli 1720 durch den Tod seiner Frau Maria Barbara unvermittelt tiefe Schatten. Als der Hofkapellmeister mit Fürst Leopold von der Karlsbader Kur zurückkehrte, stand er erschüttert vor ihrem Grabe. Um seiner schon zahlreich angewachsenen Familie einen neuen Mittelpunkt zu geben, heiratete er anderthalb Jahre später die junge, seit Herbst 1720 am Köthener Hof tätige Sängerin Anna Magdalena Wilcken (Wülckens), die Tochter eines Zerbster Hoftrornpeters. Für sie legte er zwei Notenbüchlein an: 1722 ein nur als Fragment überlielertes Klavierheft mit 5 Suiten und anderen Stücken, und 1725 jenen Band, der heute als "Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach" wohl zum dem Bekanntesten aus dem Bachschen Nachlaß gehört. In seiner Mischung von gewichtigen und leichtgefügten Kompositionen - Klaviesuiten, Tänzen, Arien und Chöralen - besitzt er den Reiz des zufällig Zusammengetragenen, Ungeordneten, den Charakter des später so beliebt gewordenen mıısikalischen Haus- und Stammbuches, das uns einen Blick in die private Sphäre des Bachschen Famtlienlebens ermöglicht.
Vater Bach begann das äußerlich geschmackvoll mit Goldprägung und -schnitt ausgestattete "Notenbüchlein" mit zwei eigenhändig notierten Partiten und überließ dann die Auswahl und Niederschrift der weiteren Stücke meist seiner Frau, die im Laufe der folgenden Jahre neben einigen Kompositionen ihrer Söhne überwiegend Werke ihres Mannes eintrug. Die ergebnisreichen Forschungen v. Dadelsens für die Neue Bach~Gesamtausgabe haben zwar manche liebgewordene Legende, die sich um den Inhalt des Buches rankte, zerstört, dafür aber den einmaligen Wert dieses Bachschen Familiendokuments durch neue Erkenntnisse noch deutlicher gemacht.
Die vorliegende Auswahl möchte den oben angedeuteten besonderen Charakter des "Notenbüchleins" auch im kleineren Rahmen wahren. Von den Klavierstücken stammen mit Ausnahme des Couperinschen Rondeaus und der beiden Märsche in G- und D-dur aus der Feder des zweitältesten Stiefsohnes, Carl Philipp Emanuel, mutmaßlich alle von J.S. Bach. Zu ihnen gehören die heute so beliebten beiden Menuette G-dur und g-moll und die Musette wie die Allemande d-moll aus der Französischen Suite Nr. 1 und das C-dur-Präludium aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers (Anna Magdalena vergaß hier beim Abschreiben versehentlich fünf Takte - welch menschlich-liebenswerter Zug!). Über die "Aria für Clavier" schrieb Bach später seine "Goldhergvariationem". Für die populär gewordene Sopran-Arie "Willst du dein Herz mir schenken" ließ sich der Verfasser bisher noch nicht ermitteln. Bach hat sie sicher nicht komponiert, wahrscheinlich aber auch nicht der Comte de St. Germain, der unter dem Pseudonym "Giovanini" manches Stück veröffentlicht hat. Die Arie "Bist du bei mir" ist neuerdings als ein Werk des von Bach hochgeschätzten G. H. Stöltzel erkannt worden. Die Melodie des reizenden Liedes über die "Tobakspfeife" dürfte wahrscheinlich von Gottfried Heinrich, Bachs ältestem Sohn aus zweiter Ehe herrühren. Von Vater Bach stammen dagegen die drei Choräle, auch die Melodie zu "Dir, dir, Jehova". Anspruchsvoller und ganz auf die Widmungsträgerin des "Notenbüchleins" zugeschnitten sind Rezitativ und Arie "Ich hab genug - Schlummert ein". Beide sind der gleichnamigen Kantate Bachs entnommen und auf Worte des greisen Simeon an den zwölfjährigen Jesus im Tempel komponiert.
Lothar Hoffmann-Erbrecht