HARMONIA MUNDI
1 LP - HMS 30 699 - (p) 1965
1 CD - 82876 70044 2 - (p) 2005

CONCERTOS







Johann Sebastian BACH (1685-1750) Concerto d-moll für Cembalo, Streichorchester und Basso continuo, BWV 1052
23' 09"

- Allegro 8' 22"
A1

- Adagio 5' 49"
A2

- Allegro 8' 57"
A3
Jean-Marie LECLAIR (1697-1674) Concerto D-dur für Violine, Streichorchester und Basso continuo, Op. VII, Nr. 2
20' 10"


- Adagio, Allegro 7' 15"
B1

- Adagio 5' 35"
B2

- Allegro 6' 18"
B3





 
Gustav Leonhardt, Cembalo
Franz-Josef Maier, Violine
Collegiu aureum
- Franz-Josef Maier, Konzertmeister
- Wolfgang Neiminger, Ruth Nielen, Brigitte Seeger, Günter Vollmer, Doris Wolff-Malm, Violine
- Ulrich Koch, Günther Lemmen, Viola
- Angelica May, Violoncello
- Johannes Koch, Viola da gamba
- Paul Baeuer, Kontrabaß
- Gustav Leonhardt, Cembalo


 






Luogo e data di registrazione
Cedernsaal, Schloß Kirchheim (Germany) - settembre 1965


Registrazione: live / studio
studio

Recording Supervision
Dr. Alfred Krings


Engineer
Hubert Kübler


Prima Edizione LP
Harmonia Mundi | HMS 30 699 | 1 LP - durata 43' 19" | (p) 1965


Edizione CD
Deutsche Harmonia Mundi | LC 00761 | 82876 70044 2 | 1 CD - durata 60' 54" | (c) 2005 | ADD | Only J.S. Bach

Cover Art

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Note
Non si è a conoscenza di una pubblicazione in CD del Concerto D-dur di J.-M. Leclair.













Dem italienischen Genius huldigten heide, die Zeitgenossen Bach und Leclair, dieser dem venezianischen Feuerkopf Antonio Vivaldi, jener seinem Lehrer, dem berühmten Geigenvirtuosen J. B. Somis und der großen norditalienischen Violintradition. Und doch sind sie durch Welten getrennt. Der Gegensatz nationaler Stile prägt sich in ihnen aus wie der Unterschied der Generationen. So scheinen die beiden innerhalb weniger Jahre entstandenen Werke unserer Aufnahme zwei verschiedenen Epochen anzugehören.
Die Cembalokonzerte von Bach machen es der Wissenschaft etwas schwer. Ihre Entstehungszeit ist nicht genau zu fixieren. Bach scheint sie für sein Leipziger studentisches Collegium musicuın Ende der zwanziger Jahre geschrieben zu haben, - bearbeitet zu haben, müßte man sagen, da sie wohl aus ursprünglichen Violinkonzerten transformiert wurden. Auch die Herkunft dieser Vorlagen ist zum Teil umstritten, sie fehlen bei den Konzerten in d, A und f, bei denen jedenfalls Vivaldi als Autor nicht in Frage kommt. Vor allem für das großangelegte Concerto in d darf man wohl Bach als Komponisten annehmen, nicht nur weil er Teile der beiden Fassungen dieses Konzertes in Kirchenkantaten verwendete, die deshalb auch schon angezweifelt wurden, sondern weil die formale Anlage des ganzen Werkes und die kunstvoll polyphone Gestaltung eines jeden Satzes dafür sprechen.
Die Satzfolge schnell - langsam - schnell hat Bach von Vivaldi übernommen, doch wird der bei diesem oft stereotype Bau der schnellen Sätze mit ihren Ritornellen, zwischen denen sich die virtuosen Partien der Soloinstrumente entfalten, abgelöst durch ein kunstvolles Zusammenwirken von Cembalo und Orchester. Mit vitaler Kraft beginnt der erste Satz unisono mit dem Hauptthema, das den heroischen Affekt der bei Bach so beliebten Tonart d-moll wiedergibt. Konzertant umspielend greift das Soloinstrument das Thema auf, das Orchester begleitet mit seufzenden Figuren, greift mit kurzem Ritornell das Thema noch einmal auf, diesmal schon polyphon verschlungen, um dann in einem großartigen Wechselspiel mit dem Cembalo die Figuren des Themas zu zerlegen, in neuen Tonarten umzudeuten, wobei mehrmals dem Solisten Raum für große Kadenzen bleibt. Die letzte dieser Solopassagen leitet mit einem vierzehntaktigen Orgelpunkt auf d den virtuosen Höhepunkt des Satzes ein. Aus den glitzernden Arpeggien des Cembalos erwächst wieder das Hauptthema, zunächst polyphon zerlegt, dann als einstimıniger Schluß.
Unisono beginnt und endet auch der zweite Satz, in dem das Cembalo den schwermütigen Gesang einer Violine durch kunstvolle Artikulation nachahmen muß. Dem ruhigen Strom des Streichorchesters steht das Soloinstrument gegenüber, deutet in Figuren und Verzierungen den Gesang der Streicher aus und führt ihn mit ››sprechenden« Figuren an.
Der dritte Satz gleicht im Aufbau dem ersten, doch sind die Teile, in denen das rhythmisch pointierte Thema polyphon auseinander gefaltet wird, ausgedehnt. Aber auch die Partien mit freiem Spiel des Soloinstruments werden erweitert und finden in einer klangvollen Kadenz ihren Höhepunkt.
Neben der schweren tiefsinnigen Polyphonie Bachs besticht das Konzert von Jean-Marie Leclair l'Ainé durch seine geistvolle Virtuosität. Zwar beginnt das D-dur-Konzert mit einer kurzen, harmonisch interessanten Adagio-Einleitung und das bald folgende Allegro zäumt das in italienischer Manier gebildete Thema polyphon auf, doch mit dem Einsatz der Solovioline wird diese Polyphonie nebensächlich. Der Geiger führt die Musik an, entfaltet die virtuosen und musikalischen Möglichkeiten seines Instruments und demonstriert einen neuen Reichtum technischer Schwierigkeiten. Passagen und Arpeggien bis hoch in die dritte Oktav, doppelgriffiges Spiel in Terzen und Sexten und freie polyphone Formen werden durch die zahlreich eingestreuten Verzierungen zu eleganten Girlanden.
Den manchmal fast bizarren Formen virtuoser Kunst im ersten und dritten Satz steht ein ergreifendes Adagio in h-moll gegenüber, das in seiner Ausdruckskraft deutschen Werken eher verwandt erscheint als italienischen.
Leclair gehört zu den großen Geigern des 18. Jahrhunderts. Als Tänzer und Ballettmeister war der gebürtige Lyoneser 1722 zum erstenmal nach Turin gekommen. In dieser Stadt studierte er bei J. B. Somis, einem Violinschüler des großen Angelo Corelli. Die große italienische Geigertradition begegnete ihm später noch einmal in Locatelli. Aber auch die deutsche Musik lernte er bereits in Turin durch Quantz kennen. Marpurg berichtet sogar von ihm, er habe den »Gradus ad Parnassuın« von Fux studiert, jenes gelehrsame Werk der Kontrapunktik. Italienische Instrumentaltechnik und deutsche Kontrapunktik werden jedoch aufgesogen von einer Persönlichkeit von gallischem Esprit.
Die Violinkonzerte op. VII erschienen um 1737 in Paris. Dort veröffentlichte gerade Rameau seine Meisteropern. Die königliche Kapelle, wo er als Konzertmeister gewirkt hatte, verließ Leclair allerdings in diesen Jahren. Freunde in Amsterdam und später Gönner in Paris unterstützten ihn, bis sich seine Spur in dieser Metropole französischer Kunst immer mehr verdunkelt und er schließlich tragisch endet.