1 LP - AVRS 6178 - (rec) 1960*

Haydn auf "Originalinstrumenten"






Joseph Haydn (1732-1809)


Divertimento a tre per il Baryton, Viola e Basso, G-dur


- Allegro / Menuet / Finale, Presto
9' 20" A1
Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello, D-dur, op.1/3



- Adagio / Menuetto / Presto / Menuetto / Presto
13' 25" A2
Siciliano aus dem Baryton-Trio Nr. 49 A-dur

2' 16" B1
Concerto per il Cembalo concertato accompagnato da due Violini, Violetta e Basso, F-dur
19' 10" B2
- Allegro 10' 05"

- Largo cantabile 4' 45"

- Finale, Presto 4' 20"





 
CONCENTVS MVSICVS, Ensemble für alte Musik INTRUMENTARIUM:
- Alice Harnoncourt Violine: Jakobus Stainer, Absam, 1677
- Kurt Theiner Violine: Klotz, Mittenwald, Anfang des 18. Jahrhunderts
- Josef de Sordi Tenorbratsche: Marcellus Hollmayr, Wien, 17. Jahrhundert
- Nikolaus Harnoncourt Violoncello: Antony Posch, Wien, 1721
- Ernst Knava Violone: Antony Stefan Posch, Wien, 1729
- Eduard Hruza Baryton (Kopie eines Instruments von Seelos aus dem Linzer Landesmuseum) von J. Krenn, Wien
- Peter Ronnefeld Cembalo (Kopie eines italienischen Kielflügels um 1700) von M. Skowroneck, Bremen

Bögen aus dem 18. Jahrhundert



Um dem zarteren Klang der Originalinstrumente auch un der Wiedergabe so nahe als möglich zu kommen, möge man den Lautsprecher etwas weniger laut einstellen, als man es normalerweise tut.
 
Luogo e data di registrazione
Casino Baumgarten, Vienna (Austria) - 1960*
Registrazione live / studio
studio
Producer / Engineer
-
Prima Edizione CD
-
Prima Edizione LP
Amadeo - AVRS 6178 - (1 lp) - 44' 11" - (rec) 1960*
Nota
* I riferimenti al luogo di registrazione ed alla data di pubblicazione non sono riportati nelle note a corredo del disco ma sono desunti nei seguenti testi: ""Die Seltsamsten Wiener der Welt" (Mertl, Turković, Residenz Verlag,2003 ) e "Wir sind eine Entdeckergemeinschaft" (A. & N. Harnoncourt, Residenz Verlag, 2017).

Notes
Wie hat die Musik Haydns zu seiner Zeit geklungen, welchen Klang hatte er im Ohr, als seine Quartette, seine Symphonien und Divertimenti schrieb? - Ist dieser Klang vom heutigen Instrumentalklang so verschieden daß es gerechtfertigt ist, seine Werke auf "Originalinstrumenten" der Zeit aufzuführen?
Das Instrumentarium, das Haydn zu Beginn seiner Komposotionstätigkeit worfand, war in der Hauptsache dasselbe, das schon im frühen 18. Jahrhunder benßtyt wurde; dieselben Streichinstrumente, dieselben Blasinstrumente. - Der große Geschmackswandelm der sich im Laufe der Jahrhunderte vollzog und der zu bedeutenden Veränderungen aller musikalischen Formen führte, hatte bis dahin noch nicht sehr viel am Klangkörper geändert. Um die Jahrhundertwende aber änderte sich diese Situation: den Forderungen der "modernen" Komponisten folgend, wurde das gesamte Instrumentarium von einer Welle tiefgreifender Änderungen erfaßt, die in relativ kurzer Zeit zum modernen Orchesterklang führten. (Eine Reihe von technischen Erfindungen an den Instrumenten fällt in diese Epoche) - Man hat auch damals diese Änderungen als sehr einschneidend empfunden, z. B. haben sich konyervative Musiker noch lange gegen die ihnen zu gleichmäßig klingenden vielklappigen Flöten und Oboen gesträubt. Alle instrumente wurden klangstärker konstruiert Dies führte schließlich auch zu einen radikalen Umbau der bis dahin seit Jahrhunderten fast unveränderten Streichinstrumente.
Die meisten großen Geiger unserer Zeit spielen auf "alten", meist italienischen Instrumenten, die alle zu Beginn des 19. Jahrhunderts oder später umgebaut worden waren. Was wurde nun an diesen verändert, um sie in "moderne", d. h. lautere Instrumente umzuwandeln? - Man verstärkte die Besaitung und stellte den Geigenhals schräg nach hinten, was den Druck auf die Decke des Instruments wesentlich erhöhte. Diesem Druck konnte der alte Baßbalken nicht standhalten, er mußte einem neuen weichen, der etwa das fünffache Volumen hat. Der diesem umgebauten Instrument entsprechende moderne Bogen wurde um dieselbe Zeit von Tourte entwickelt. Diese wirklich einschneidenden Veränderungen am Bau der damals schon etwa 300 Jahre alten Geige veränderten ihren Klang ganz erheblich.
Die dünnere Besaitung und der viel leichtere Bogen der nicht modernisierten Geige verlangten eine ganz andere Spielweise, andere Tempi und eine andere Phrasierung, als man es heute gewohnt ist. Die Violinschulen von Leopold Mozart, Geminiani und viele andere Werke geben über all das genaue Auskunft.
Haydns Schaffen fällt zum Großteil in die Zeit vor den großen Veränderungen an den Musikinstrumenten. Seine Streichquartett erklangen noch auf den nicht umgebauten Instrumenten. Er schrieb ungezählte Werke für das "Baryton", ein gambenähnliches Instrument, das noch den Barockinstrumenten zugehört. Seine frühen Klavierkonzerte sind noch ganz eindeutig für das Cembalo, und nicht für das damals langsam aufkommende Hammerklavier bestimmt.
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In vielen Kompositionen Haydns wird das Baryton, das Lieblingsinstrument seines Fürsten Nikolaus Esterhazy, als Soloinstrument verlangt. Diese Werke sind in ihrer Originalgestalt praktisch für das Musikleben verloren, da es nur noch sehr wenige alte Barytons gibt und nur ganz wenige Musiker dieses diffizile Instrument überhaupt spielen können. - Das Baryton, das zur damaligen Zeit sehr beliebt war, wird in der Violinschule Leopold Mozarts so beschrieben: "...Dieses Instrument hat, gleich der Gamba, 6 bis 7 Seyten. Der Hals ist sehr breit und dessen hinterer Teil hohl und offen, wo 9 oder auch 10 messingene und stählerne Seyten hinunter gehen, die mit dem Daumen berühret, und geknippet werden; also zwar, daß zu gleicher Zeit, als man mit dem Geigenbogen auf den oben gespannten Darmseyten die Hauptstimme abgeiget, der Daume durch das Anschlagen der unter dem Hals hinabgezogenen Seyten den Baß dazu spiele. Und eben deswegen müssen die Stücke besonders dazu gesetzet seyn. Es ist übrigens eines der anmuthigsten Instrumente..." Da die in D-dur gestimmten Zupfsaiten, auch wenn sie gerade nicht gespielt werden, ständig mitschwingen, erklingt die Musik wie durch einen ätherischen Klangschleier. Auf dem wegen der Zupfsaiten ausgehöhlten Griffbrett ist durch die verstärkte Resonanz jede Fingerbewegung als Klopfen stark hörbar.
Das hier gespielte Streichquartett, es wird in den frühen Quellen noch als Divertimento oder als Cassatio bezeichnet, ist eines der ersten Werke seiner Gattung. Es ist noch ganz der ausgehenden Baroclzeit verpflichtet. Besonders im ersten Satz wird man stark an die Triosonaten der ersten Jahrhunderthälfte erinnert. Im zweiten Menuett läßt Haydn die Instrumente paarweise in Oktaven gehen, was man damals als besonderen Effekt empfand. Ernst L. Gerber schreibt um 1790: "...Haydn war es nämlich, der die Manier, die erste und zweite Violinen in Oktaven einhergehen zu lassen, ...in diesen seinen Quatros zuerst einführte."
Das Cembalokonzert wirde nicht auf einem der üblichen modernen Instrumente gespielt, sondern auf einem vor allem klanglich den Originalinstrumenten entsprechenden Cembalo. Die Saiten werden dabei nicht wie bei diesen mit Lederstückchen, sondern mit Federkielen angezupft, was einen viel schärferen und glänzenderen Klang ergibt, wie ihn die alten Instrumente besitzen.
Alle auf dieser Platte gespielten Werke Haydns zeigen deutlich die Stellung Haydns zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen musikalischen Stil-epochen. Gerade in diesen Kompositionen seiner jungen Jahre sieht man seine starken Bindungen an die Vergangenheit, man erkennt aber vor allern auch das schöpferische Genie, das immer neue, noch nie begangene Wege in die Zukunft sucht.


Nikolaus Harnoncourt (1929-2016)
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